Von Sinn und Sinnen beim Käseverkauf
Zuweilen zweifele ich an meinem wunderbaren Beruf. Hat doch das Image der “Verkäuferin” gerade im Berliner Lebensgefühl wenig mit dem zu tun, was ich unter “Käseverkauf” verstehe. Welchen Sinn macht es eigentlich, aus entlegenen Dörfern, kleinen Handwerksbetrieben, freundlichen Familienunternehmen in verschiedenen Ecken Europas Nahrungsmittel nach Berlin zu holen? Und dabei komplizierte und kostspielige Transportvorgänge zu organisieren? Ist es tatsächlich von Bedeutung – also “sinnhaft” – zu zeigen, wie ein ursprünglicher Camembert schmeckt? Zu erleben, wie unterschiedlich ein Saint Nectaire von zwei verschiedenen Käsereien sein kann? Wie aus der Milch von Kühen, die auf verschiedenen Weiden stehen, zum einen ein schmelzender Naturkäse mit Noten von Honig wird und zum anderen einer, der auf der Zunge hoch spannende Aromen von nassem Granit freigibt? Vielleicht ist es auch das “Sinnhafte”, meine Erlebnisse bei den Käsern, in den Dorfkäsereien weiterzugeben. Ich erinnere mich an Patrick, der den wunderbaren, einmaligen Camembert Champsecret auf seinem Hof macht. Er zeigte uns voller Hingabe ein Körbchen mit duftendem Heu, das seine Kühe fressen. Dieses Heu transformiert der Organismus der Kuh in Milch, aus der dann dieser urtümliche Käse entsteht. Es ist immer die hingebungsvolle Tätigkeit des direkten Produzenten, des Bauern, des Käsers, die dem Produkt eine Seele verleiht. Genau das macht das Produkt sinnlich. Ich bin mir sicher, dass unsere Zellen mit der Nahrung sehr wohl auch diese Schwingungen aufnehmen. Und dass sie ihm sehr gut tun!